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VERÄNDERUNG

Wenn man viel läuft, hat man weniger Zeit zum Schreiben. Und wenn ich dies tue, hat es fast immer berufliche Hintergründe. Deswegen hat es so lange gedauert bis zur nächsten EGON LÄUFT- Geschichte…

Im Juni bestritt ich den Stelvio-Marathon als (für meine Verhältnisse erfolgreicher) Abenteurer, in der Zwischenzeit ist meine Veränderung zum Freizeitsportler vollzogen. In den letzten zehn Wochen lief ich über 500 Kilometer, um 6 Uhr in der Früh oder um 10 Uhr Nachts. Und auch untertags, selbstverständlich. Schaffte regelmäßig tausend und mehr Höhenmeter in der Woche, beendete einen „Longjog“ über knapp 30 km mit einem Schnitt von rund 6:30 km/h und einer locker gelaufenen Halbmarathonzeit von 2:17 Stunden. Wenn mir vor recht genau einem Jahr jemand prognostiziert hätte, dass ich ein kleiner Laufsportjunkie werden würde, hätte ich ihn ausgelacht.

Flashback. Vielleicht wäre Laufen wirklich mein Sport gewesen. In der Oberschule in Bozen lud mich unser Turnlehrer mehrmals ein, mich seinem Läuferclub anzuschließen, da er ein gewisses Potenzial erkannt hatte. Immerhin war ich die 5000 m unter 19 Minuten gelaufen und hatte bei den wöchentlichen Sportstunden seine Schützlinge auf den längeren Distanzen hart gefordert. Mein Interesse war endend wollend, ich blieb bei meiner Lieblingsdisziplin, Judo.

Über Jahre hinweg war ich in der Lage, zehn Kilometer „ung‘schaut“ in oder unter einer Stunde zu laufen. Dann wird man älter, der Bauch größer, die Schritte langsamer, oder nein, besser: überlegter. Jedenfalls liefen die meisten der besten Jahre sportlich an mir vorüber, ohne dass ich mich in deren Windschatten hängte und mitlief. Und plötzlich ist es nicht zu spät, aber mühsam. 105 Kilogramm sind eindeutig zu viel, und Abnehmen ist ja leider eine mathematische Aufgabe: Tag für Tag mehr Kalorien verbrennen als zu sich zu nehmen. That’s it.

Zurück in die Gegenwart. Meine Frau hat großen Anteil, dass ich seit Oktober vorigen Jahres wieder zu einem sehr regelmäßigen Läufer wurde. Ich verbesserte meine Halbmarathon-Zeit im vorigen Spät-Winter und Frühjahr von 2:16 Stunden auf 1:59, ich bestritt einige Wettbewerbe und bin für andere schon genannt – Medoc-Marathon, Tour de Tirol, Rauchwart-Marathon, Wiener Silvesterlauf, Zermatt-Ultramarathon am 7.7.2018. Die Ziele sind nicht nur kurz- sondern auch mittelfristig.

Meine Frau war die erste Triebfeder, viele Laufkollegen sorgen für den Treibstoff, sie geben mir Woche für Woche Möglichkeiten kollektiver Bewegungseinheiten. Wer sucht, der wird im Web und in den sozialen Medien fündig. Trailrunning Vienna bietet beispielsweise Läufe für Anfänger und Experten am Kahlenberg, am Cobenzl, am Anninger, rund um den Lainzer Tiergarten oder von U4-U4. U4 ist die Wiener U-Bahn-Linie von Hütteldorf nach Heiligenstadt (und umgekehrt). Durch den Wienerwald benötigt eine Anfängerpartie dreieinhalb Stunden und mehr, benötigen die Schnellsten etwas mehr als zwei Stunden - und die Super-Schnellen eine halbe Stunde: Diese sind aber keine Trailrunner, diese nehmen dann wirklich die Untergrundbahn.

Der ULT Heustadlwasser bietet u. a. eine mittwöchige Langsamlauf-Runde an – aber Achtung, aufgrund einiger (meist weiblicher) sehr engagierter Teilnehmer und Teilnehmerinnen wird die Prater Hauptallee zuweilen auch mit einem Kilometerschnitt von weit unter 6:00 Minuten gelaufen. Abseits von dieser und in den Trails geht es gemütlicher zu.

Seit mehreren Jahren, die letzten 24 Monate ohne einer einzigen Unterbrechung, wird im Schlosspark Schönbrunn ein Frühlauf-Bergintervall-Training – rauf und runter zur Gloriette – gemacht. Nachteilhaft könnte sich der Zeitpunkt erweisen: jeden Donnerstag, 6:30 Uhr, da sind Frühaufsteher unter sich. Spannend sind die „sideshows“: Jedes Treffen steht unter einem besonderen Motto – beispielsweise einer Farbe, eines Sportgeräts, oder eines Welttags, der just auf diesen Donnerstag fällt.

Nicht zu vergessen sind die Wiener Laufvagabunden, die beispielsweise die über 450 Stufen der Markwardstiege in Hütteldorf regelmäßig zu Trainingszwecke nutzen oder durch Schönbrunn laufen. Dies sind nur vier von sehr vielen Gruppen-Laufaktivitäten, und hinzu kommen private Initiativen. Das liest sich dann so: „Trail durch die Lobau, 15 km, 6:40min/km.“ „Laufe heute auf den Vogelsangberg.“ „Longjog morgen früh.“ Wer ist dabei?

Es gibt keine Ausreden, nicht laufen zu gehen. Das Wetter ist schon längst kein Kriterium mehr. „Was tun, wenn es zu heiß ist“, lautete im Sommer eine Frage in einem Facebook-Sportforum. Trockene Antwort: „Dennoch laufen gehen.“ Ein paar meiner Laufkameraden (und –kameradinnen) freuen sich gar, wenn Schlechtwetter und Regen angesagt ist. „Möglichst viel Gatsch“, sagen sie dann.

All jene aufzuzählen, mit denen ich in diesem Sommer unterwegs war und bin, würde den Rahmen sprengen. Die Gefahr wäre zudem groß, den einen oder anderen zu vergessen und auch wenn niemand von uns wehleidig ist – einer verlor beim Trailrun in der Lobau zuerst den Kampf gegen einen Baum und dann vorübergehend das Bewusstsein -, will ich das gute Gesprächs- und Laufklima nicht riskieren. Einen Namen will ich dennoch machen, Werner Mairl, eine Kompetenz in der Wiener Trailrunszene und weit darüber hinaus, Südtiroler wie ich. Ohne ihn wäre ich als Hobbysportler (nicht als Abenteurer) nicht dort, wo ich mich derzeit befinde.

Und der Weg ist nicht beendet. A propos Weg - nicht vergessen: Ab 1. Oktober ist es möglich, sich für die zweite Auflage des Stelvio-Marathons anzumelden!

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