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DER WEG NACH HAUSE FÜHRT ÜBER DIE ALPEN

Zum ersten Mal in meinem Sportlerleben habe ich so etwas wie ein persönliches Projekt, das mich bereits jetzt emotional tief bewegt. Neben dem Grossglockner Ultra-Trail liegt mein zweiter Jahres-Schwerpunkt auf dem „Project: Home Run“. Das ist der Transalpine Run 2024, der in Garmisch-Partenkirchen startet und quasi vor der Haustüre meines Elternhauses im Obervinschgau endet.


Das Ziel meines "Project: Home Run" - der Grauner Kirchturm im Reschensee


Wenn’s wahr ist, bin ich in genau fünf Monaten auf den Trails des Transalpine Runs unterwegs und werde am 13. September dort ankommen, wo ich zuhause bin: am im Reschensee versunkenen Kirchturm, der ein kitschiges Postkartenmotiv oder ein beliebtes Foto-Motiv ist, der so viel unglückselige Historie und für mich ein Stück Heimat bedeutet. Die Wurzeln meines Vaters liegen 14.000 Meter weiter südlich in Burgeis.


Eigentlich stand der Transalpine Run in diesem Jahr gar nicht auf meinem Plan. Meine Gedanken gehör(t)en dem Grossglockner Ultra-Trail, den ich 2019 komplett erschöpft und in Tränen aufgelöst aufgab, noch ehe er wegen nahender Gewitter ohnehin abgebrochen wurde. Der GGUT ist einer von drei Ultratrails, die ich in meinem Leben finishen möchte, und mit Trainer-Freund Gerhard Schiemers Hilfe werde ich es wohl auch schaffen.


Jetzt ist der Grossglockner Ultra-Trail schon ein Projekt, zu dem ich eigentlich kein anderes stellen bräuchte. Doch als mir im vorigen Jahr Heini Albrecht, Organisator des „Transalp“ erklärte, dass das wohl prominenteste Trail-Etappenrennen der Welt im oberen Vinschgau, am Reschensee enden würde, fingen meine Augen an zu leuchten. Das ist ein gutes Zeichen und auch ein schlechtes. Gut, weil ich am liebsten Aufgaben und Herausforderungen annehme, die ich sofort mit einem „hell, yes!“ quittiere. Schlecht, weil Emotionalität sehr oft in Kontrast zu Rationalität steht und berechtigte Fragen ausgeblendet werden: Wird das alles vielleicht nicht zu viel? Geht sich das körperlich aus? Macht es überhaupt Sinn?! Aber egal: Hell, yes, da will ich dabei sein.

Und weil die Strecke von Garmisch-Partenkirchen in sieben Etappen „nach Hause“ führt, war der Name für dieses unerwartete Projekt auch gleich gefunden - Project: Home Run.


Mir ist durchaus bewusst, dass dies jetzt nicht sonderlich originell ist. Home Runs gibt es im Baseball zur Genüge, zeitgeschichtlich gesehen war das „Project Homerun“ 1956 eine Spionagemission der US-Amerikaner gegen die UdSSR und in Singapur ist es der Name einer NGO, die sich um bessere Wohnbedingungen für Unterprivilegierte kümmert.


Für mich ist es einfach nur der Name für eines meiner wohl schwierigsten Unterfangen in meinem Sportlerleben, ein Codewort, das mir dann Kraft geben soll, wenn es einmal hart wird (und das wird es mit Sicherheit), ein Marker, der mir meine Frage nach dem „Wieso“ beantworten soll und wird: Jeder Schritt, jeder Meter, jeder Höhenmeter bringt dich näher nach Hause.


+++


„Dein Plan gefällt mir“, sagte mir Gerald Burger, als ich ihm von meiner Laufsaison erzählte. Gerald ist ein alter Bekannter, er war es, der 2017 den Stelvio Marathon aus der Taufe gehoben hat und der den Reschenseelauf, den wichtigsten Volkslauf in Südtirol, veranstaltet. Als Tourismusdirektor der Ferienregion Reschensee legt er besonderen Wert auf sportliches Angebote; Langlauf im Winter, Radsport im Sommer, und viel, viel laufen. So gibt es den Reschenseelauf, den Haiderseelauf, so ist sein Gebiet Schauplatz der letzten Etappe der „Terra Raetica Trails“ und eben des Transalpine Runs. Und Burger organisiert auch den Resia-Rosolina-Teamwettbewerb, ein Staffelrennen vom Ursprung der Etsch bis an deren Mündung in die Adria.


Weil wir uns gegenseitig unterstützen können, macht die Ferienregion Reschensee bei meinem „Project: Home Run“ mit mir gemeinsame Sache. Es wird ein eigens entworfenes Lauf-Shirt geben, auf das ich mich bereits freue, und ich werde auch für ihre Kanäle vor, während und hoffentlich auch danach berichten.


„Project: Home Run“ ist eine Herzensangelegenheit, doch Emotionen allein werden mich nicht an den Kirchturm im Reschensee bringen. Als Gerhard Schiemer erstmals davon hörte – „da liegen fünf Wochen zwischen GGUT und Transalp, das geht sich eh gut aus, oder?“ – musste er auf seine unvergleichliche Art von einem Ohr zum anderen grinsen. In dieser Situation legte ich noch ein Schäuferl drauf, schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn und sagte: „Was frag‘ ich… das ist ja jetzt doch mehr dein als mein Problem.“ Wir mussten beide lachen.


Auf alle Fälle freue ich mich auf die nächsten fünf Monate und kann nur bedauern, dass ich nicht alle Trail-Läufe, die im oberen Vinschgau stattfinden, aufgrund anderer Verpflichtungen bestreiten werde können.


Der Haiderseelauf findet bereits am 25. Mai statt, das Rennen um den "kleineren Bruder" des Reschensees ist familiär und idyllisch und ideal für Groß und Klein - und wenn ich kann, werde ich dabei sein.


Die „Terra Raetica Trails“ werden vom 2. bis 6. Juli ausgetragen und sind mit einem für die Laufszene innovativem "Tour de France"-Format absolut empfehlenswert. An fünf Tagen finden fünf Events in Nordtirol, der Schweiz und in Südtirol statt, Kilo- und Höhenmeter fordern, aber überfordern nicht, und die Trails im Kaunertal, im Tiroler Oberland, im Engadin, in Nauders und in der Ferienregion Reschensee sind einzigartig! 2025, versprochen, bin ich am Start!


Nur eine Woche später, am 13. Juli, findet der Reschenseelauf zum 24. Mal statt, tausende Läuferinnen und Läufer werden die gut 15 km lange Runde um den größten See Südtirols in Angriff nehmen. Es ist eine Sportveranstaltung und ein Volksfest gleichermaßen, das auch ich schon einige Male bestritten und bei dem ich mich mit meinem Schwager duelliert (und meistens verloren) habe. Der Reschenseelauf benötigt keine Empfehlung, denn auch wenn es ein wenig arrogant klingt: Diesen Wettbewerb muss man in einem Läuferleben zumindest einmal gemacht haben!


Fotos (c): Ferienregion Reschensee, Josef Rüter, Race Photo, Carlo Ambrosi


Und dann, wieder zwei Wochen später, am 25. Juli, wird es für mich am Großglockner ernst, es ist kein „Home Run“, viel mehr eine Konfrontation mit meinen Dämonen und Ängsten. Wenn ich tief in mich hineinhöre, nagt das DNF vor fünf Jahren noch immer an meiner Seele. Dann sage ich mir, dass ich älter und gelassener und erfahrener geworden bin, dass ich meine Lektionen gelernt habe auf den Trails des Transalpine Run2 oder des UTLO oder auf der 1,2 km langen Runde beim 24-Stunden-Rennen in Bad Blumau.


Ich habe mit Hammer Nutrition ein weltweit bekanntes Nahrungsergänzungs-Unternehmen an meiner Seite, ich kann auf die Unterstützung von Familie und Freunden zählen, ich weiß, stark sein zu können, wenn es darauf ankommt. Was soll also schon schiefgehen? Lasst uns das “Project: Home Run” beginnen!




Weiterlesen:

Catra Corbett, Wiedergeburt

Annabel Müller, Trail and Error

Verena Liebers, Trasse ist Klasse

Egon Theiner, Durchhalten



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